Segelnde Frachtschiffe können von neuer aerodynamischer Technik profitieren

April 14, 2023
Frachtschiff mit Segeln
Frachtschiff mit Segeln

Ein Forscherteam der Chalmers University of Technology hat als erstes eine einzigartige Methode demonstriert, die den Luftwiderstand von Schiffen um 7,5 Prozent verringert. Damit wird der Weg frei für große Frachtschiffe, die allein durch den Wind über die Weltmeere getragen werden, da windgetriebene Schiffe stärker vom Luftwiderstand betroffen sind als fossil betriebene.

Um die internationalen Klimaziele zu erreichen, müssen die Kohlenstoffemissionen der Schifffahrt bis 2050 um mehr als 50 Prozent gegenüber dem Stand von 2008 gesenkt werden. Bis zu 99 Prozent des weltweiten Schiffsverkehrs sind derzeit von fossilen Brennstoffen abhängig. Auch wenn kleinere Fähren über kürzere Entfernungen mit Strom betrieben werden können, wird die Elektrifizierung größerer Schiffe, die längere Strecken zurücklegen, durch die begrenzte Reichweite behindert. Dies bedeutet, dass der Bedarf an neuen energieeffizienten Antriebslösungen für die Schifffahrt groß und dringend ist.

Forscher der Chalmers University of Technology, Schweden, haben als erste erfolgreich eine neue Methode demonstriert, die den Weg zu einer deutlichen Verringerung der Klimaauswirkungen der Schifffahrt ebnen könnte. Inspiriert von einer aerodynamischen Technologie, die in der Luftfahrt verwendet wird, haben die Forscher einen Weg gefunden, den Luftwiderstand eines Schiffes um 7,5 Prozent zu verringern. Das Ergebnis ist eine höhere Energieeffizienz und ein geringerer Kraftstoffverbrauch.

„Für einen Öltanker, der von Saudi-Arabien nach Japan fährt, würde dies eine Verringerung des Treibstoffverbrauchs um etwa zehn Tonnen bedeuten“, sagt Kewei Xu, Postdoc-Forscher im Bereich Schiffstechnik am Department of Mechanics and Maritime Sciences von Chalmers. „Die Verringerung des Luftwiderstands wurde bisher nur selten untersucht; unsere Studie ist eine der ersten ihrer Art.“

Wegbereiter für windgetriebene Schiffe

Die einzigartige Methode ist für die künftige windgetriebene Schifffahrt von besonderer Bedeutung. Der Windantrieb ist an sich keine neue Technologie, sondern lag jahrzehntelang im Dornröschenschlaf und ist erst in den letzten Jahren wieder stark in den Fokus gerückt.

Ein Schiff mit Windantrieb erfordert ein effizienteres aerodynamisches Design, da es nicht die konstante, hohe Leistung eines mit fossilen Brennstoffen betriebenen Schiffes hat. Früher wurde der aerodynamische Effekt im Vergleich zum Gesamtwiderstand eines Schiffes im Wasser als unwichtig angesehen. Doch für den Windantrieb könnte die Methode der Forscher neue Möglichkeiten eröffnen.

„In den nächsten Jahren werden wir wahrscheinlich Schiffe sehen, die Wind- und Treibstoffantrieb kombinieren. Aber unser langfristiges Ziel ist es, die Windenergie zur einzigen Energiequelle für Frachtschiffe und dergleichen zu machen“, sagt Kewei Xu.

Durch den Coanda-Effekt haftet der Luftstrom an gekrümmten Oberflächen

Im Mittelpunkt der Methode steht der Coanda-Effekt, der auf einer gleichmäßigen Strömung beruht. Dieser beruht auf der Tendenz eines Fluids – wie Wasser auf der Rückseite eines Löffels – entlang einer nach außen gekrümmten (konvexen) Oberfläche zu fließen, anstatt sich von ihr zu entfernen.

In der Schifffahrt ist eine der Hauptquellen des Luftwiderstands die quadratische Rückseite der Schiffsaufbauten, der Teil, der aus dem Deck herausragt. Die von den Chalmers-Forschern entwickelte neue Methode bewirkt den Coanda-Effekt in diesem Bereich.

„Indem man ein Design mit konvexen Kanten an den Schiffsaufbauten schafft und hochkomprimierte Luft durch „Düsenschlitze“ strömen lässt, ermöglicht der Coanda-Effekt einen Ausgleich des Luftdrucks auf den Schiffsrumpf. Dies wiederum verringert den Luftwiderstand erheblich und macht das Schiff energieeffizienter“, sagt Kewei Xu.

Die Methode, die sowohl bei bestehenden als auch bei neu entworfenen Schiffen eingesetzt werden kann, wird in der Studie Large eddy simulation of ship airflow control with steady Coanda effect beschrieben, die in der Zeitschrift Physics of Fluids veröffentlicht wurde.

„Indem wir zeigen, dass unsere Methode den Luftwiderstand um 7,5 Prozent reduzieren kann, hoffen wir, dass die Schifffahrtsindustrie diese Lösung als Teil des notwendigen Übergangs zu geringeren Emissionen begrüßen wird“, sagt Kewei Xu. „Unsere Studie zeigt auch ein großes Potenzial, den Luftwiderstand durch weitere Optimierungen noch weiter zu reduzieren.“

Die Methode als Maßnahme zur Erhöhung der Sicherheit von Hubschraubern

Die neue Methode der Chalmers-Forscher würde auch sicherere Starts und Landungen von Hubschraubern auf Schiffen ermöglichen. Turbulenzen entstehen in der Regel, wenn Luft von den Schiffsaufbauten herabströmt und den Hubschrauber destabilisiert. Da die Piloten an einer ganz bestimmten Stelle des Schiffes landen oder starten müssen, ist dies mit großen Risiken verbunden, und einige Hubschrauber stürzen ab. Derzeit werden Zäune oder eine angepasste Form des Schiffes verwendet, um die Risiken zu minimieren, aber sie sind nicht sehr effektiv. Die neue Methode dämpft die Turbulenzen, da sie den hinter den Aufbauten abfließenden Wind beeinflusst. Dadurch würde sich das Unfallrisiko für Hubschrauber verringern.

Mehr über die Forschung

Die numerischen Tests wurden an einem Schiffsmodell mit Hilfe von CFD-Simulationen (computergestützte Strömungsmechanik) mit hoher Genauigkeit durchgeführt. Die Forscher entwarfen die Technologie, einschließlich der Geometrie und der Intensität des Düsenstrahls. Die Tests wurden bei SNIC (Swedish National Infrastructure for Computing) im National Supercomputer Center (NSC) durchgeführt.